Dienstag, 18. Mai 2010

17.05.2010 – Tag 25
Hütscheroda – Winterstein
7,5 h – 30 km

Ach ja, das kommt davon... Wenn man morgens aus die Karte guckt, die Strecke für heute für viieeel zu kurz hält. Sind doch nur 5 h. Ach, da machen wir doch noch nen Abstecher nach Behringen zum Einkaufen. Ach, da muß ich dann doch noch auf den Großen Hörselberg und Aussicht gucken. Ach, irgendwie war das auch alles schön, aber als so gegen 16:00 Uhr klar war, daß ich noch 2h Weg vor mir habe, mußte ich doch mal kurz fluchen...

Das Wetter ist herrlich, zum ersten Mal seit einer gefühlten Woche sieht man die Sonne am Himmel. Die Laune ist bestens, ich freue mich auf den Thüringer Wald. Endlich wieder Nadelwald, Schluß mit diesem ganzen Buchenkram der letzten Tage. Der Hainich liegt hinter mir, ich wandere durch hügelige Felder immer schön quer zu den Höhenzügen. Es geht also den ganzen Tag kräftig bergauf und bergab. Als ich mich weit nach Mittag auf den Großen Hörselberg kämpfe, habe ich schon 3 meiner 4 Liter Getränkevorrat vernichtet. Die Aussicht von oben ist herrlich, dank „Montag Ruhetag“ hat die Gaststätte Hörselberghaus geschlossen und hier oben ist keine Sau. Herrlich.

Auf der Infotafel da drüben ist ein direkter Abstiegsweg ins Tal nach Kälberfeld eingezeichnet. Diesen Weg kennt meine Karte zwar nicht, aber mit solchen Ungereimtheiten kann man ja arbeiten. Steil wie in den Alpen geht es bergab und irgendwann stehe ich vor einem riesigen Steinhaufen. Ich brauche einen Moment, bis ich das Puzzle zusammengesetzt habe: Vor 2 h habe ich doch bei der großen Talbrücke die Autobahn A4 unterquert, die auf der Karte noch als „In Planung“ eingezeichnet war. Die eigentliche A4 müßte laut Karte direkt vor mir liegen. Vor mir liegt aber eine 25m breite Schneise im Wald, die aussieht wie eine frisch umgepflügte Pipeline-Terrasse. Ich stehe auf der alten Trassenführung der Autobahn! Inzwischen läuft der Verkehr ca. 6 km weiter nördlich, hier erkennt man noch die Parkplatzanlage und der Baum in der Mitte muß früher mal auf dem Mittelstreifen gestanden haben. Die alte Autobahn wurde abgerissen, auch die Brücke, unter der mein Weg nach Kälberfeld führen sollte. Was bleibt, ist eine rotbraune Schneise aus aufgewühlter Erde und Steinen im Wald. Später auf der anderen Talseite drehe ich mich nochmal um und erkenne die alte Trasse noch weitere Kilometer quer am Hang entlang. Im Osten hört man noch die Baumaschinen rumoren, ein Bagger reißt krachend Stück für Stück eine Brücke ein. Vielleicht wäre ich zwei Wochen früher noch auf einer intakten Autobahn gestanden...

 


 

Später in Winterstein lasse ich mich in das wunderbare Netz der touristischen Gastronomie fallen. Nettes Hotel, nettes Zimmer, nettes Essen. Morgen erwarten mich zum Frühstück erstmal 500 m Aufstieg. Und nachdem ich heute schon so viel gelernt habe zum Thema „Ach, die Strecke sieht aber kurz aus...“, bin ich mir sicher, daß ich morgen im Thüringer Wald meinen Spaß haben werde.

P.S.: Ich hab inzwischen noch mehr gelernt: Rennstieg ist nicht gleich Rennsteig. Rennsteig ist Thüringer Wald, Rennstieg ist Hainich. Kluges Tourismusmarketing, liebe Thüringer...

1 Kommentar:

  1. Huch, einen Moment lang dachte ich, da steht ein Fernseher im Wald, neuestes Flachbildschirm-Modell!

    Sabilon

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