Montag, 7. Juni 2010

Die Alpen im Blick...

07.06.2010 - Tag 46
Berg (Ehingen) - Altheim (Riedlingen)
7,5 h - 33 km

Der Morgen ist so schwül wie die vergangene Nacht, schwere Wolken hängen am Himmel und sind unentschlossen. Es sieht ständig danach aus, daß jetzt gleich Regen auf mich herab geworfen wird, aber der Tag bleibt erstaunlicherweise trocken.

Entlang der Donau, hier schon ein respektabler Fluß mit ordentlich Tempo. Schwimmen will man hier nicht mehr. Die Biber haben ihren Spaß in den Bächen und Kanälen neben dem Fluß, stolz weisen diverse Schautafeln darauf hin. Ich glaube es erst, als ich den ersten Damm sehe, bin mir aber nicht sicher, ob nicht vielleicht der örtliche Fremdenverkehrsverein... Zuzutrauen wäre es ihnen. Gleiche Kiste im Wald hinter Hausen: Groß kündigen Wanderkarte und Wegweiser die "Schwedenhöhlen" an, ich freue mich schon auf eine Höhlenerkundung, lokalisiere im Geiste schon die Stirnlampe in meinem Rucksack, bin schon kurz davor, mir eine virtuelle Absicherung zu organsieren ("Wenn ich innerhalb einer Stunde nicht anrufe, ruf die Höhlenrettung!"), und als ich vor den Schwedenhöhlen stehe, könnte ich kotzen.


Mehrere nebeneinanderliegende Höhlen, jeweils ca. 15 m tief in den Berg, dienten den Bewohnern der umliegenden Dörfer als Rückzugsmöglichkeit in irgendeinem Krieg, als die Schweden anrückten. Geschichtsfreaks, übernehmt bitte -- ich bin frustriert, weil von den Schwedenhöhlen gerade mal noch ein 50 cm tiefes Loch im Boden übrig ist. So ein Murks.

Auf dem Bussen dann endlich Aussicht. Hier oben auf der Burgruine wäre auch meine Chance, endlich die Alpen zu sehen. Beim Aufstieg auf den Berg und auf den Turm gucke ich absichtlich nicht in die Ferne, sondern hebe mir den Blick für ganz oben auf. In der Tat: Alpen. Ganz hinten im Südosten, ein bißchen, so zackig. Richtiges Alpenpanorama will nicht aufkommen, dafür ist der Rest der Landschaft zu schön. Nach Nordosten hin erkennt man noch den 50 km entfernten Turm des Ulmer Münsters, meine letzte Station Ehingen liegt zum Greifen nahe. Nach Süden hin gibt es hügeliges Land, bis zum Horizont.

Die letzten zwei Stunden wieder durch brütende Hitze und dreschende Sonne. Entlang der Bundesstraße, mehrmals muß ich dank wechselnden Fahrradwegen die mehrspurige Straße überqueren und komme mir jedesmal wie ein Kaninchen vor. In Reidlingen bekomme ich nicht nur komische Schilder serviert (unter anderem den ersten Hinweis auf den Bodensee!), sondern entdecke aus der Ferne noch einen Wanderer mit großem Gepäck an der Tankstelle. Kurze Hose, weißes Hemd, amtlicher Rucksack. Könnte ich sein! Wir winken uns aus der Entfernung. Vor den letzten Kilometern bis zur Unterkunft verpflege ich mich noch mit Eis und Leberkäs-Semmel, eine nicht zu verachtende Kombination.

Noch drei Tage. Vielleicht 100 km. Jetzt ein Fahrrad und ich bin morgen abend da. Der Bodensee zieht mich an und ich fliege auf ihn zu. Für Blicke links und rechts des Weges habe ich schon seit Tagen kaum was übrig, es ist wie auf einer Rutsche, die am Ende immer schneller wird. Und die Landschaft links und rechts verschwimmt in der Geschwindigkeit. Ein bißchen habe ich Angst vor dem Ankommen, daß mich dort wieder ein Achselzucken erwartet. Ging es mir um`s Ankommen oder um`s Unterwegssein? Wohl beides.

2 Kommentare:

  1. Als Geschichtsfreak möchte ich anmerken, dass es um den 30-jährigen Krieg (1618-1648) geht. Jos

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  2. Gott sei Dank noch EIN Bildungsbürger! Punkt für Jos!

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